KLEIN ENGLAND liegt in Griechenland

Freies Lyrisches Kino für Europa!

 

Teil I – Klein England und KLEIN ENGLAND

Wagen wir uns in’s Kino! Doch was ist schneller: Der Film oder das Feuer? Die Kunst oder die Wut auf Europa, die vor Filmtheatern nicht haltmacht? Tatsache ist: In Athen wurde während der Straßenkämpfe 2012 das legendäre “Attikon” angezündet und brannte ab. Molotow- statt Kino-Cocktails. Die zornige Reaktion auf eine für immer mehr Bürger tödliche europäische Realität. Vor wenigen Tagen nahm ein 19-Jähriger im “Kinopolis” des südhessischen Viernheim mehrere Menschen als Geiseln und drohte, einem Mitarbeiter eine Kugel in den Kopf zu jagen. Schließlich feuerte er mehrere Male in dieses “Kinopolis”, woraufhin die Polizei ihn erschoss. Das weckt Ängste vor dem Gang in’s Filmtheater. Oder anders gesagt: Der Gang in’s Filmtheater erfordert Mut. Es müsste an dem nicht sein. Im Kino zu sitzen, nur behelligt vom Geschehen auf der Leinwand, bei freiem Eintritt für jeden Film aus Schweden, Ungarn, Deutschland, England, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Holland usw. – zu solch gemeinschaftsbildenden Zuständen auf Erden hätte der Euroraum es bringen können. Der Film “KLEIN ENGLAND” von Pantelis Voulgaris stünde mit auf dem Programm.

Statt des Zirkus um BrexitSchottexitGrexitNiederlexitFrankrexitStotterexit wäre mehr gewonnen, würde ganz Europa seit Jahren seine Zeit damit zubringen können, sich das Filmschaffen ganz Europas reinziehen. Jeder dazuverdiente Euro wird sowieso stets doppelt wieder verloren. Nur für die Kunst verplempert – da würde er nicht verloren sein. Es ist einzig die seltsame, unfassbare, unfindbare Seele, die unermesslich zu profitieren vermag: Von Musik, Bildern, Film, Lyrik und jeglicher Lyrik im Film. Die gibt es im Überfluss und sie mehret sich ohne Unterlass. Alles andere … Fauler Zauber! Kino dagegen kann eine Option sein, wenn’s darauf ankommt, den Blick für einen weiteren Weg zu öffnen, wo kein wirklicher sich mehr zu eröffnen scheint.

Unerwartet vor Kurzem ein Anzeichen. Im europeonline-magazin.eu-Pressespiegel vom 27.6.2016 ist unter GRIECHENLAND zu lesen: «Kathimerini»: «Die Stärke Europas ist die Einheit. Alles andere (wie der Brexit) sind Fantasien eines Fieberwahns. Das «Klein-England» wird – besonders wenn Schottland gehen würde – außerhalb Europas viel weniger Einfluss auf das Weltgeschehen haben. Aber auch für Europa ist der Schlag enorm. ……. »

Dass die griechische „Kathimerini“ a) „Klein England“ erwähnt, spricht für die Weitsichtigkeit dieser Zeitung und ihr Inspiriertsein durch Film. Immerhin. Wobei sie a) allerdings durch b) sofort wieder unerkennbar macht. Die „Kathimerini“ verbirgt a) unter b), indem sie die Dimension ihrer a)-Aussage (mit der sie auf die Welt des Filmschaffens Bezug nimmt!), durch b) unmittelbar verschwinden macht. Im selben Atemzug, wie sie a) „Klein England“ vor dem ersten Gedankenstrich nennt, behauptet sie b) nach dem zweiten Gedankenstrich sogleich, „Klein England“ würde außerhalb Europas wenig Einfluss auf das Weltgeschehen haben. Aus der EU auszutreten, bedeutet aber doch nicht, weg zu sein aus Europa. „Klein England“ zu schreiben, das bedeutet, sich auf den griechischen Film „KLEIN ENGLAND – MIKRA ANGLIA – LITTLE ENGLAND“ zu beziehen und damit geradewegs in’s Kino zu wagen, sich aufzumachen zu Orsa und Mosha und einem gewaltigen Meeresrauschen, das die Insel bespielt.

Wer „Klein England“ schreibt, sollte es deshalb „KLEIN ENGLAND“ schreiben, und schon wäre man bei den „Frauen von Andros“ und allen Überlebenskünsten. Stattdessen rückt die „Kathimerini“ „Klein England“ erst entschlussfreudig wie eine Signalfahne in’s Blickfeld und damit zugleich „KLEIN ENGLAND“, also Filmkunst in’s Bewusstsein; mutig geht die Zeitung einen Schritt vor, diesen aber – wie erschrocken vor der eigenen Courage oder als hätte sie sich an was verbrannt – sofort wieder zurück, indem sie jetzt nicht tatsächlich den Weiterschritt in die Welt des Films macht und sich in dieser fortbewegt, sondern dann doch lieber brav beim Thema „Brexit“ bleibt. KLEIN ENGLAND – nur eine leise Andeutung im „Klein England“. Es wird somit dummerweise wieder verunklart, wodurch Europa in seiner jetzigen Aufgewühltheit unter anderem Hilfe finden könnte, Wegweisung, Rettung. Im Filmtheater!

Ich borge mir kurzfristig ein Wort aus der Mail einer Freundin, die einen Umzug ankündigte und zugleich informierte, wo ihr Arbeitsort demnächst zu suchen ist, was allerpraktischste Orientierungshilfe bedeutet. Für jetzt und später. Danke, Sasha, für deine „Heilraum“-Wortgabe!, an der ich mich jetzt bediene.

Der Film „KLEIN ENGLAND“ ist vieles und eben auch ein europäischer Heilraum. Das Filmfestival HELLAS FILMBOX BERLIN holte ihn deshalb bereits im Januar nach Deutschland. Der griechische Regisseur Pantelis Voulgaris schuf das Werk, die griechische Autorin Ioanna Karystiani schrieb den Roman, auf dem das Drehbuch basiert (in Deutschland erschienen unter dem Titel „Die Frauen von Andros“). Es sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass Pantelis Voulgaris zu den bedeutendsten Filmemachern seines Landes gehört, der in’s Leben mehr als nur zwei Blicke geworfen hat und zu sehen versteht. „KLEIN ENGLAND“ und Voulgaris’ vorletzter Film, „PSYCHI VATHIA – TIEFE SEELE“ (2009), sind zwei von mehreren Offenbarungen für alle, die sich fragen, wie „die Situation“ am Ort Griechenland, am Ort Europa, am Ort Welt zu verstehen sei, denn eins strahlt hinüber in’s andere und kann es mitbeleuchten. „PSYCHI VATHIA – TIEFE SEELE“ bietet eine bisher weitgehend ungenutzte Möglichkeit, z.B. Griechenland in’s zerrissene Herz zu schauen. Es bedürfte dazu lediglich der Untertitelung in die jeweils andere Sprache, der Bereitschaft von Filmtheatern, eventuell eines Filmverleihers und der Unterstützung einiger Unermüdlicher, dass Menschen in allen Ländern Europas etwas über Griechenlands jüngere Geschichte erfahren könnten, in welcher der griechische Bürgerkrieg ein fast unbekanntes Kapitel bedeutet. Ohne davon Kenntnis zu haben, wird man Griechenland immer durch die falsche Brille sehen. Das betrifft nicht nur Griechenland.

Bürgerkriege, überall auf der Welt, stellen Schlüssel- und Ausgangssituationen dar, die betrachtet werden können, wenn es um das Verständnis von Konflikten geht, die Jahrzehnte nach dem Bürgerkrieg ausgetragen werden und scheinbar dann an der Tagesordnung sind. Der Bürgerkrieg ist der schrecklichste Halbbruder des Kriegs. „Dreh dich nicht um!“, diese Devise gilt für den Lebenden im Reich der Toten; im Reich der Lebenden gilt für den Lebenden eher das Gegenteil. Insofern ist alles „Warum länger in der Vergangenheit wühlen, lasst uns lieber nach vorn schauen!“ ein vergeblicher Versuch, Zeit gewinnen und handlungsfähig bleiben zu wollen. Vorn wartet wieder nur der behelmte Mars auf, schlägt sich gegen den Brustpanzer, streckt sich zum Himmel, schickt Drohung, Drohnen und Verderben. Wer davon nicht erwischt werden will, muss vorsorglich vorher sterben, zwischen zwei Kriegen (in der Zeitlücke, in welcher der Dichter Jannis Ritsos einmal Atem holen wollte, weshalb er einen anderen Gott um diesen Moment der Gnade bat).

Bürgerkriegskonflikte schwelen weiter, zugedeckt wie Glut von Asche. Die Glut von Bürgerkriegen mag an den Plätzen zerstörter Häuser verlöschen, sie verlischt aber nicht in verletzten Seelen. Es gibt nicht den Ausschlag, dass Völker Feinde von Völkern sind, Parteien Feinde von Parteien, Bevölkerungsgruppen Feinde anderer Bevölkerungsgruppen, sondern dass der Mensch des Menschen Feind ist, solange er dessen Freund nicht wird, weil er ihn z.B. nicht riechen kann oder dessen Stimmlage, Hautfarbe, Gewohnheiten, Angewohnheiten oder Mentalität hasst. Viele Einzelne zusammen machen den sich dann im Hass einigenden Mobb aus, das Mobb-Kollektiv, das Mobb-Heer, das einen Feind in’s Auge fassen und zu vertreiben oder auszulöschen sucht. Die Wut-Glut löscht das nimmer. Das Buch von der „Unfähigkeit zu trauern“ ist geschrieben. Das Buch von der „Unfähigkeit, über den eigenen Schatten zu springen“ noch nicht. Was ist schneller: das Feuer oder die Kunst?

Wer beispielsweise Griechenland verstehen will, wie es jetzt ist, kann einiges erfahren durch „TIEFE SEELE“ von Pantelis Voulgaris, kann „Griechenland und die Griechen“ zu sehen versuchen, wie durch andere Filme möglicherweise Spanien, Irland und Portugal, in denen Bürgerkriege ausbrachen, die zu dem gehören, was Europa nicht loswerden kann. Nie und nimmer durch Geld. Immer durch Musik, Bilder, Lyrik … Film. Ich träume weiter, denn Europa ist nichts anderes als das Träumen von Europa. Entweder ein es erscheint als Alptraum oder als lyrisches Tagträumen. Nur als zweckfreie, nicht zuende zu denkende, unerschöpfliche Realität ist Europa Wirklichkeit. Man kann sie weder kaufen noch bezahlen. Ein überschäriges Europafeld zu den Gärten der Welt! Chancen für ein lyrisches, musikalisches, bilderreiches Träumen gibt es zahlreiche.

 

Teil II – LYRIK-ÜBERSETZER ALS VERHANDLER!

Im Verständnis für die Geschichte eines jeden Landes liegt jeweils eine solche Chance. Sich dem riesigen und in sich nicht einheitlichen Europa nähern, es durch die Werke europäischer Filmschaffender betrachten, ihre Aussagen zur Kenntnis nehmen, ihnen Fragen stellen zu wollen – auch das ist eine Möglichkeit. Bleibt noch genügend Zeit? Jawohl! Der Gang in’s Kino gleicht dem Einstieg in eine Zeitgewinnmaschine, wodurch man schneller wird, bequem zurückgelehnt und ohne Abgass-Skandal. Das ganze Leben und einige weitere bräuchte man, um Europa, um alle Länder „durchzugehen“, zuvörderst mit Hilfe von Musik, von Bildern, verschiedenen Sprachen und während etlicher Versuche, eine Sprache in die andere zu übersetzen. Ein weiteres Leben gewinnt man und noch andere dazu. Was kein Geld vermag – sich ein Land zu eigen zu machen –, das vermag der Mensch durch das Erlernen der dort gesprochenen Sprachen.

Ich schlage deshalb vor: Lyrik-Übersetzer in’s Diplomatische Korps eines jeden Landes! Lyrik-Übersetzer in’s Europa-Parlament, in die Finanzämter, in den IWF, in die Europäische Zentralbank“ – und global am besten auch in die NATO, in die UNO, in die Klima-Gipfelkonferenzen, in die FIFA …! Unzählige Institutionen gibt es, in denen Lyrik-Übersetzer die idealen Verhandler wären aufgrund ihrer tätigkeitsimmanenten Bedachtsamkeit, ihrer Fähigkeit des Abwägens, mit ihrem Blick für Angemessenheit und Verhältnismäßigkeiten im Umgang mit dem Wort, mit ihrem Rhythmusgefühl, ihrem Gespür für situationsbedingte Schwierigkeiten und vor allem mit ihrem Wissen um die ganz persönliche eigene Unzulänglichkeit und die darauf fußende selbstverordnete Bodenhaftung. Lyrik-Übersetzer an die Seite von Staatsoberhäuptern, von Troiken, Nachrichtendiensten, Weltraumbehörden und an die Stirnseite von Aufsichtsratstischen, in die Obersten Gerichtshöfe und Nationalen Verteidigungsräte! Lyrik-Übersetzer sind unbestechlich, weltweit. Sie arbeiten niemals um eines eigenen Vorteils willen, sondern immer einzig und allein FÜR Verständigung. Sie haben es aufzunehmen mit jedem Laut, mit jedem winzigen Satzzeichen, mit Gedanken- und Bindstrichen, mit jedem Punkt und Komma, mit jeder Pause und Lücke. Wirkmächtig jedes Einzelne, ob klein oder groß, lang oder kurz. Fügst du mehr hinzu oder weniger – immer geht es um einen ganzen Atem, um ein ganzes Leben, um alles. Und alles hängt davon ab. Eher verabschieden Übersetzer eine Verordnung nicht, als dass sie sie verabschieden würden, wenn sich darin zwar eine Lyrik fände, diese jedoch allzu leicht durchschaubaren Unsinn enthielte, der zur Vertodung von leibhaftigen Menschen führen könnte. Denn dadurch verschwänden die Leser der Texte. Übersetzer können sich keinen leichtfertigen Umgang mit dem Wort leisten, denn sonst kommen sie nicht in den Übersetzer-Himmel, sondern auf das Fährboot, das ihnen niemals gestatten wird, sich frei zu machen von ihrer Mühsal, indem sie einem anderen die Stange in die Hand drücken.

Warum schreibe ich dann nicht einen Text zum Thema „Übersetzung“? – diese Frage mag sich stellen. Weil dafür jetzt keine Zeit ist. Der Brexit sitzt Europa ja fast schon im Nacken. Und wenn der tatsächlich passiert ist, was dann? Quo vadis, Europa? Ich kürze also ab und nehme die Kurve zurück zum Film.

 

Teil III – EUROPA FÄNGT MANCHMAL IN GRIECHENLAND AN

Film ist Übersetzung von Text in Bild. Warum ich selbst keinen Film mache, wurde ich schon ein paarmal gefragt. Antwort: Weil ich keine bildliche Vorstellungsgabe habe im Hinblick auf einen ganzen Film. Deshalb wäre ich dafür nicht die geeignete „Übersetzerin“. Regisseure haben diese ausreichend große Vorstellungsgabe, die meist nicht nur für einen, sondern für noch mehr Filme langt. Und damit bin ich wieder bei „KLEIN ENGLAND“ von Pantelis Voulgaris. In 120 Minuten macht Pantelis Voulgaris ein Panorama-Fenster auf. In diesem Ausschnitt sehen wir nicht nur die Insel Andros, die den Namen „Klein England“ bekam, oder das Schiff, das auf den Namen „Klein England“ getauft wurde, sondern wir sehen Klein Orsa und Klein Mosha, Klein Mina, Klein Spyros, Klein Nikos, Klein Ämilios, Klein Savas und auch den geliebten und schließlich unerwünschten „Klein-England“-Englisch-Lehrer. Vom Kleinsten bis zum Großen … jeder spielt seinen gewichtigen Part in diesem Drama, bei dem man Schwierigkeiten hat, für sich zu entscheiden, zwischen wem das Drama im Grunde sich entspinnt, wer letztendlich die Verantwortung dafür hat oder was das eigentliche Problem ist. Ist es die Seefahrt oder ist es der Krieg? Sind es die Amerikaner, die das Ausfahren der Schiffe verboten haben, oder sind es die, die Torpedos abschießen? Sind es die Frauen oder sind es die Männer? Sind es die Lieder oder die Texte? Ist es die Mutter oder der Vater? Ist es Spyros oder ist es Orsa? Sind es die Briefe oder ist es das Schweigen? Sind es die Regeln oder sind es die Ausnahmen? Ist es die Schwester, die eine oder die andere? Ist es Süd oder Nord? Ost oder West?

In „KLEIN ENGLAND“ lässt Pantelis Voulgaris es so sein: Die eine Schwester beneidet die andere, die eine vertraut sich der anderen an, die eine schwärmt der anderen vor, die eine entsetzt die andere, die eine hasst die andere, die eine entfernt sich der anderen, die eine Schwester kommt zur anderen. „Was hätten wir getan, wenn …“, fragt Mosha und hält Orsa im Arm. Dann ist Mai, Mosha öffnet das Fenster, Blumen über Blumen, Licht, im Schatten des Zimmers fällt der einst vom Meereswasser angefressene Löffel aus Orsas Hand, und endlich ist ihre Seele frei. Zum Schluss das Meer.

Das Meer und immer wieder das Meer. In vielen griechischen Filmen. In vielen europäischen Filmen. Es schlägt an die Ufer vieler Länder. Ganz Europa ist nichts als eine Pirateninsel, umschlossen von Meeren. „KLEIN ENGLAND“ erzählt davon. Dieser Film – nichts anderes als ein „kleines Beispiel“ für die Übersetzung eines Schicksals in ein anderes. Er spiegelt Europas Schicksal während des Zweiten Weltkriegs und danach. Er spiegelt das Schicksal, das sich zwischen Mosha und Orsa gestellt hatte. Mag es Spyros heißen, mag es Mina, Nikos, Ämilios heißen oder „Andros – Klein England“. Es ist nicht das Wasser, es ist nicht das Land. Es ist das verdammte Wort zu viel oder zu wenig, das Übersetzer erspüren müssen. Das verdammte Wort des Wollens zu viel, das verdammte Wort des Könnens zu wenig.

HELLAS FILMBOX BERLIN ist einer dieser Anfänge von Weiter-Europa, der Ort für KLEIN ENGLAND wie für KLEIN EUROPA, KLEIN WELTCHEN. Eine Insel, wie es viele gibt. Eine jede könnte besucht und von jeder ausgegangen werden, um nach Europa zu kommen. Das Kino führt es vor. Über vielen Kinotüren steht EXIT und trotzdem kann man bleiben … beim Film.

Die Organisation des 1. HELLAS FILMBOX BERLIN Festivals beruhte nicht vor allem auf einer ausgezeichneten Kenntnis von Film und organisatorisch hochprofessionell aufgebauten Strukturen. Das eher weniger. HELLAS FILMBOX BERLIN beruhte auf „Übersetzungs“-Arbeit für Sprachen von Filmen, Ländern, Dichtern, Programmierungen, Bildern, Emotionen. Einmal ist das gelungen. Wie man weiß, oft gelingt das nicht. „KLEIN ENGLAND“ lief als Eröffnungsfilm dieses Festivals. Ein ausgezeichnet guter Anfang, Europas Weiterweg vor Augen zu haben in diesen kurzen Augenblicken: Orsa, die ihre Tür für Mosha öffnet; Mosha, am Fenster im Licht, die ihren Blick für Orsa öffnet und sich umschaut nach ihr, die im Halbschatten blieb. Kino ist eine europäische Schule des Sehens und Verstehens: Man hat genügend Abstand zum Geschehen und zugleich ist man mittendrin.

Besser diese Cine-Vision als gar keine. Zumal vor der Einführung des Euro die gesamteuropäische Einführung kostenloser Kinokarten hätte stattgefunden haben können, den Menschen eines jeden europäischen Landes jederzeit den Besuch von Filmen aus anderen europäischen Ländern ermöglichend. Es wär auf den Versuch angekommen. Etwas anderes als ein Versuch war der Euro ja auch nicht. Der Versuch mit den gesamteuropäischen kostenlosen Kinokarten wäre im Hinblick auf den europäischen Einigungsprozess allerdings wohl erfolgreicher gewesen. Und viele Übersetzer hätten in ganz Europa mit ihren Vermittlungstalenten Wunder wirken können. Kino- statt Molotow-Cocktails! Freien Eintritt in’s Europäische Kino und Lyriker an die Verteilerkästen! Jetzt!

 

30.06.2016